Lyrik

Was Amor von den Schnecken lernte

In den feuchten Tagen des Mai
saß Amor einst im tiefen Gras
er probierte schon allerlei
doch irgendwas fehlte, er wusste nicht was
den Menschenkindern die Sinne könnt rauben
dass sie sich lieben und immer dran glauben

Da sah er ein inniges Schneckenpaar
Sohle an Sohle aufgerichtet
und was dann Unglaubliches geschah
ist weder ersponnen noch erdichtet

Es zeigten sich folgende Schauspielsequenzen:
sie schossen sich einen kalkigen Dolch
getränkt mit aphrodisischen Essenzen
tief ins Fleisch, das gefiel ihm, denn solch
einen Liebespfeil könnt er ja schießen
auf die Menschenpärchen auch
auf dass sie fortan genießen
den alles vernebelnden Sinnesrausch

Und so kam Amor zu Pfeil und Bogen
dank der Schnecken und ihren Stiletten
wir sind ihm nun deshalb für immer gewogen
weil wir sonst nicht diesen Knallbummeffekt hätten
der einen plötzlich und ungeahnt umhaut
wenn man den oder die Richtige trifft
sich dann lang und tief in die Augen schaut
und sofort das Gefühl hat man stünde im Lift

Aus der Reihe Animal Erotica, 2014

schnecken


Blutbad

Die blutrünstige Gnitze
kommt bei schwüler Hitze
sie beißt sich einen kleinen Pool
in deine Haut so zart
und findet es besonders cool
wenn nun so ein Blutbad
sich füllt, dann leckt sie los
denn frisches Blut schmeckt ihr famos

Aus der Reihe: De Bello Animali, 2014
gnitze


Echsen im Glas

In Alkohol gut konserviert
10 Echsen liegen schön drapiert
kopfüber dicht an dicht gedrängt
manche sind auch ganz verrenkt
ihre Schnauzen am Glasesgrund
oben die Schwänze biegen sich und
bilden ein schwungvolles Liniengeflecht
doch all dies wird nicht mehr gerecht
ihrer flinken Natur zu Lebzeiten
als sie flitzten durch Enge und Weiten
nun liegen sie erstarrt im Glas
und nur der Forscher weiß für was

Aus der Reihe Natura Morta, 2014

echsen

3 Gedanken zu „Lyrik

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